KB: Einen General zu retten kann ungeahnte Folgen haben. Folgen, die einen Neustart nötig machen. Und welcher Ort wäre passender und weiter entfernt, als die Pegasus-Galaxie?
Vorwort:
Jupp, richtig gelesen, das ist eine Stargate Atlantis Fanfiction aus meiner Feder. Wenn Leute mir so viel gutes tun, dass ich das Gefühl bekomme, dass ich dies nie zurück zahlen kann, dann verdienen sie sich eine Geschichte. Und Sabato hat mir in den letzten Jahren mehr als nur einmal durch schwierige Phasen geholfen und war immer da wenn ich ihn brauchte. Ein wahrer Freund. Also war es höchste Zeit seine Freundschaft auf die einzige Art zu würdigen, die mir einfiel: eine Self-Insert Geschichte. Stargate wurde sich gewünscht und nach etwas hin und her Atlantis ausgewählt. Da das Stargate Universe eine feste Timeline hat, musste hier eine kleine Zeitverschiebung gemacht werden, damit wir den SI durchführen konnten. Schließlich war Sabato 2004 noch minderjährig, als die Crew nach Atlantis aufbrach. Das ganze Stargate Programm wurde also 15 Jahre in die Zukunft verschoben. Davon abgesehen sind alle genau so, wie wir sie kennen. Nun, zumindest hoffe ich, dass ich alle Charaktere in-character treffe und sich meine reichlichen Recherchen bezahlt machen. Natürlich wird es über die Handlung hinweg den Schmetterlingseffekt geben. Während also der Anfang noch gewohntes Filmland ist, werden wir uns immer mehr von der Handlung der späteren Staffeln verabschieden und eigene Wege gehen. Doch nun genug der Vorrede! Viel Spaß mit dem ersten Kapitel:
Kapitel 1: Der General
Endlich in Amerika! Leider war der Anlass dafür ein ziemlich trauriger: John Paul Walker, mein bester Freund war gestorben. Finanziell konnte ich nicht und wegen der Sicherheitsbedenken wollte ich nicht alleine in die Staaten fliegen. Also hatte ich mein Bedauern gegenüber Antonio ausgedrückt nicht zur Trauerfeier anreisen zu können. Und ebenso meinem nun neuen besten Freund Philipp gegenüber all meine Reisebedenken geschildert. Kurzentschlossen hatte dieser gesagt, dass er einfach mitkommen würde und Antonio mailte noch am selben Tag zurück, dass er die Kosten übernehmen würde. Ein Telefonat später war alles geklärt und wir erhielten sogar innerhalb von nur 48 Stunden sämtliche notwendigen Papiere für die Reise. Rekordzeit wie Philipp mir versicherte und sogar meinte, dass allein meine brutal veralteten Pässe zu erneuern hätte länger dauern müssen. Schließlich war das meine erste Reise ins Ausland seit über 15 Jahren. Spike, Antonios Spitzname, verriet uns, dass ein General auf amerikanischer Seite nachgeholfen hatte und auch ein paar Gefallen bei seinen deutschen Kontakten hatte spielen lassen, sodass wir zwei es noch rechtzeitig schaffen würden. Also saßen wir am Tag drauf im Flieger in die Staaten und sogar 1. Klasse! Spike erklärte mir, dass John wieder einmal voraus geplant hatte und einen Fond angelegt hatte, mit dem ein Bevollmächtigter (Spike, und wenn dieser und seine Frau Jules beide verstorben wären, zu meiner heillosen Überraschung ich selbst) Reisekosten inklusive Übernachtungen zu seiner Beerdigung übernahm, sollte es Bedürftige geben, die sonst nicht kommen könnten. Ich stand ganz oben auf der Liste von letztendlich sieben bedürftigen Personen, wobei der Fond genug Geld hatte um 100 Leute aus Afrika einzufliegen. Da wir nur zu siebt waren und das Geld nach der Trauerfeier verfällt, wurden wir nicht nur erster Klasse eingeflogen, sondern durften uns auf ein Wochenende im fünf Sterne Wellnesshotel freuen. Besonders Philipp war mit erste Klasse Sitzen absolut zufrieden denn er war ein großer Teddybär. Massiv, doch könnte er nicht mal einer Fliege was zuleide tun. Dementsprechend oft hatte er sich abfällig vor dem Flugantritt wegen der fehlenden Beinfreiheit in der zweiten Klasse geäußert. Erstrecht wenn der Flug lang war. Und der Flug von Europa über den Atlantik war in seiner Länge nur in die andere Richtung nach China und Australien zu toppen. Der Flug selbst war abgesehen von Start und Landung absolut langweilig und ich konnte die Flugangst mancher Passagiere einfach nicht nachvollziehen. Wenn überhaupt, dann hatte mein taktisches Hirn und Unterbewusstsein bedenken wegen Terrorismus. Nach dem 11. September war es nahezu unmöglich ein Flugzeug innerhalb der USA zu klauen und als Waffe zu verwenden. Wenn also so eine Aktion zu wiederholen versucht werden würde, dann auf einem Flug hinein in die USA und dann auch nur kurz vor der Landung. Bis zu jenem Moment war ich die Ruhe selbst und vertrieb mir die langen und absolut langweiligen Stunden damit, Philipp alles zu erzählen, was ich mit John erlebt hatte. Es war weniger als mir lieb war. 2009 war ich ende Mai in Bitburg in einen Asia Imbiss gegangen um ein Hühnchen Curry zum Mittag zu genießen. Bitburg hatte einige US Wohn-Basis. Wenn ich mich recht entsinne 4 bis 6 typisch deutsche vierstöckige Reihenhäuser. Soldaten und ihre Familien wurden da temporär untergebracht. Als ich zur Ausbildung vom Sommer 2008 bis Sommer 2011 dort in Bitburg war, hatte es mich nicht sonderlich interessiert warum diese Wohn-Basis existierte, wo doch im nahegelegenen Militärflugplatz in Spangdalem sicher genug Wohnungen waren. Oh, ich und meine Unwissenheit! Durch John erfuhr ich erst, dass Spangdalem selbst ziemlich überschaubar war und Hauptsächlich als Zwischenhalt für Truppenverlegungen genutzt wurde und man deshalb nur selten über Nacht dort blieb. Die einzigen, die längeren Aufenthalt genießen durften, waren all die schwer verwundeten, die aus dem mittleren Osten eingeflogen wurden. Die intensiven Fälle landeten meist in Trier, doch genug leichtere Fälle in Wittich und dem MTF in Spangdalem selbst. Und was war so ziemlich im Zentrum dieses Dreiecks aus Trier, Wittich und Spangdalem? Bitburg. Es braucht also kein Genie um zu erkennen, dass es sich als temporäre Wohnunterkunft anbot für all die Familienangehörigen die möglichst nahe ihrer Liebsten sein wollten. Folglich waren Amerikaner also in Bitburg zwar relativ selten und doch oft genug als Zivilisten „getarnt“ unterwegs, um daran gewohnt zu sein. Einen Soldaten in Uniform sah man aber so gut wie nie. Zumindest war mir nur ein einziger in all den 3 Jahren begegnet und das war John. Ich staunte nicht schlecht als er hereinkam. Komplett in der olivgrünen Service Uniform der Marines, Hut und Orden inklusive. Ich brauchte ein paar Minuten meinen Mut zusammenzukratzen und mich ihm für ein Gespräch zu nähern. Ich bin Mann genug zuzugeben, dass mein Englisch damals grauenvoll war. John lachte sich innerlich einen ab wie ich mich sichtlich abmühte die richtigen Worte zu finden, hatte nach ein paar für mich durchaus peinlichen Minuten ein erbarmen und zeigte mir, dass er fließend Deutsch sprach. Von da an hatten wir ein sehr informatives Gespräch, tauschten Nummern und Mail Adressen aus und blieben in Kontakt und wann immer er in Deutschland war, kam er zu Besuch. Manchmal machte er ganz bewusst längere Urlaube in Deutschland. In diesen zwei Urlauben hatte ich mehr von meinem eigenen Land gesehen als in all den Jahren zuvor, und das will was heißen, war ich doch weit rum gekommen, noch bevor ich volljährig war. Da Philipp und ich uns über das Internet kennen gelernt hatten, er war ein treuer Leser meiner Fanfictions, wusste er bereits das ich für John eine Geschichte geschrieben hatte und wir verbrachten gut den halben Flug damit die Geschichte auseinander zu nehmen und wie viel davon von John gewünscht und beeinflusst war und wie viel davon von mir frei erfunden war. Letztendlich kamen wir an und es wurde peinlich. Für mich... mal wieder... seufz... Ich war ja nur ein laufender Meter 60 und sah auch deutlich jünger aus als die 32 die auf meinem Ausweis und meinem Pass standen. Also wurde ich raus gezogen in ein Nebenzimmer gesteckt, während die Polizei meine Papiere mit der Heimat gegen checkte. Das dauerte, aber schlussendlich durfte ich eine gute Stunde später doch noch ins Land. Per Taxi ging es ins Hotel einchecken und umziehen. Eigentlich hatten wir ursprünglich geplant uns erst noch etwas im Hotel zu entspannen und Anzüge im Hotelshop zu besorgen, doch dank der Verspätung mussten wir uns beeilen. Ich wusste, dass die Trauerfeier im Familienanwesen der Walkers stattfinden würde. John hatte es mir zwar beschrieben, doch ich hatte es schlicht als größere Villa abgetan. Tatsächlich entpuppte es sich als gewaltiges Herrenhaus im Tudorstil. Deshalb wurden wir von der Eingangshalle in einen riesigen Ballsaal geführt. Vom Eingang des Saales am schmalen Ende gesehen, waren linker Hand viele Fenster. In den Ecken links und rechts von uns standen Buffets und dazwischen eine freie Fläche. Die andere Raumhälfte wurde von jeder Menge Stuhlreihen in zwei Blöcken dominiert und gut dreiviertel waren bereits besetzt als wir ankamen. Ein Helfer kam zu uns und nachdem er eine Liste hinzugezogen hatte, zeigte er uns unsere Plätze. Nicht lange danach begann das Ganze auch schon. Trauerreden wurden gehalten und dann durften wir ans Buffet. Hunger hatten wir beide, standen aber schnell nur mit ein paar Häppchen abseits zwischen zwei der riesigen Fenster und beobachteten die Menge. „Wir sind so was von Underdressed.“, flüsterte Philipp und ich nickte zustimmend. Ausnahmslos jeder trug Anzug oder Dress Uniform. Dann sah er breit grinsend zu mir herab und meinte: „Wenn dein kleines Problem nicht gewesen wär....“ „Ha Ha, Philipp.“, sagte ich der Anspielung wegen. So wie ich ihn kannte, würde ich noch häufig damit aufgezogen werden. Philipps Grinsen verschwand rasch wieder. „Verdammt viel Militär.“ „Lässt sich wohl nicht vermeiden wenn man beim Militär dient.“, erwiderte ich mit kurzem schmunzeln. „Was mich überrascht sind die vielen Offiziere. Gut 90 Prozent hier ist mindestens Lieutenant. Da drüben stehen gleich drei Generäle!“, sagte ich und deutete mit einem nicken hinüber. „Hat John mal einen davon erwähnt?“, fragte Philipp leise „Ich denke der Rothaarige, der ins Graue übergeht, dürfte Brigadier General Braddock sein. Den fülligeren Glatzkopf und der Grauhaarige kenne ich nicht.“ Besagter Grauhaarige blickte gerade seinerseits zu uns rüber und wechselte ein paar Worte mit Rotschopf, der ebenfalls kurz zu uns rüber blickte und etwas erwiderte. „Denkst du John hat dich erwähnt und ihnen beschrieben?“ „Werden wir wohl gleich wissen.“, sagte ich, denn der Grauhaarige kam auf uns zu. Ich salutierte ihm und er schmunzelte, bevor er den Gruß erwiderte. „Ich nehme an sie sind Richard Kuhn, der Stratege.“, stellte er mehr fest als das er fragte. „Der bin ich, Brigadier General O'Neill.“, antwortete ich und hielt ihm die Hand hin. Er hob eine Augenbraue während er meine Hand schüttelte und ich erklärte: „Ihre Uniform hat ein Namensschild und ihre Schultern nur einen Stern.“ „Ihnen entgeht wohl nichts.“ „Mehr als mir lieb ist, Sir, doch weniger als den Meisten. Andernfalls wäre ich ein schlechter Stratege.“ „Wahr. Und ihr Freund hier?“ „Philipp Müller und mein bester Freund, hier als moralischer Support.“, stellte ich ihn sofort vor was beide Männer nahezu synchron Augenbrauen heben lies. „Ich dachte dies wäre John, zumindest war das mein Eindruck seiner Worte.“, meinte General O'Neill dazu. Ich verzog schmerzlich das Gesicht ehe ich antwortete. „War er auch, doch sein Tod macht den Posten frei und jemand rückt unweigerlich nach. Und Philipp hier nahm sich Urlaub um mich hier her zu begleiten. Das macht man nicht für jeden. Also...“ „Ich verstehe.“, sagte er und ich sah ihm an, dass er es in der Tat verstand. „Sie kennen Lieutenant Skaletti?“ Ich nickte. „Nicht so gut wie ich gerne hätte aber wir haben uns vor dem hier schon einmal getroffen. Ehrlich gesagt bin ich etwas besorgt dass er mich noch nicht aufgesucht hat. Ich habe gesehen, dass er mich während seiner Trauerrede bemerkt hat, doch seitdem habe ich ihn nicht gesehen.“ „Ich bin ebenfalls besorgt.“, stimmte O'Neill zu. „Seinen besten Freund und seine Frau auf der selben Mission zu verlieren auf die er nur nicht mitgegangen ist, weil er sich am Tag zuvor im Training verletzt hat... er sollte nicht alleine sein.“ DAS war sogar für mich neu! Zugegebenermaßen hatte ich mich schon gewundert warum Spike nicht auch auf der Mission war, da die drei Teil der selben Einheit waren. Doch gefragt hatte ich nicht. „Dann sollten wir ihn besser suchen.“, schlug Philipp vor. „Tut das, mich wird er allerdings nicht sehen wollen.“, sagte der General. „Warum das?“ „Weil er sie auf die Mission geschickt hat, oder?“, schlussfolgerte ich und O'Neill nickte bestätigend. „Außerdem war ich es, der ihm verweigerte mitzugehen. Zwar hat der Arzt unter Vorbehalt und auf eigene Verantwortung grünes Licht gegeben, doch ich fand, dass die Mission zu wichtig war um sie nicht mit den bestmöglichen Team durchzuführen.“, erklärte er weiter. „Wenn die Mission so wichtig war, dann war ihr Tod nicht umsonst?“, wollte Philipp wissen. „Der Tod von Kameraden fühlt sich für deren Liebsten niemals Wert an.“, antwortete der General schmerzlich. „Aus rein militärischer Sicht war ihr Opfer es Wert.“ „Ein Soldat muss darauf vertrauen das die über ihm in der Kommandokette wissen was sie tun, Philipp, und das diese ihr Leben nicht leichtfertig opfern, sondern sinnvoll eingesetzt werden. Andernfalls kann man den Job nicht machen.“ „Ich verstehe, kann aber nicht behaupten, dass mir das gefällt.“, sagte Philipp. „Deswegen bist du auch kein Soldat.“ sagte ich schlicht und salutierte noch einmal vor O'Neill. „Mit Ihrer Erlaubnis Sir, mache ich mich auf die Suche nach First Lieutenant Skaletti.“ Mit einem kurzen schmunzeln erwiderte er den Salut und sagte: „Tun Sie das, Soldat. Wegtreten.“ Ich wandte mich ab und machte mich mit Philipp auf die Suche.
Das Herrenhaus sah von außen bereits riesig aus, doch von innen war es noch viel gewaltiger! Erst im Obergeschoss wurden wir fündig. Während ich mit Spike sprach, schwieg Philipp und hörte uns einfach nur zu, während wir über Jules und John sprachen und wie es für ihn weiter gehen würde. Je mehr wir sprachen, desto mehr Sorgen machte ich mir. Ich musste unbedingt noch einmal mit dem General sprechen. „Mir fällt gerade noch etwas Wichtiges ein, Richard!“, sagte Spike plötzlich, als ich es geschafft hatte ihn zu überreden wieder runter zu kommen und mit den Leuten da unten zu sprechen. Schließlich waren sicher ein paar nicht nur wegen John hier, sondern auch wegen ihm. „Ich hoffe du hast morgen nicht allzu viel vor. Denn Johns Anwalt hat mir gesagt, dass Johns letzter Wille erst verlesen werden kann, wenn er vorher mit dir gesprochen hat.“ „Klingt als würdest du was erben.“, meinte Philipp und da er wusste wie Mittellos ich war, freute er sich für mich. „Oder um mir genau das auszureden, weil es sicher ein paar Leute gibt, die einen größeren Kuchen bekommen wenn ich das Erbe ausschlage und zu der Sorte gehören, die für einen größeren Anteil über gebrochene Knochen und Leichen gehen.“ „Nicht so düster, mein Freund.“, meinte Spike und versuchte sich am schlechten Witz: „Brüten und Schwarz sehen ist mein Ding, nicht deins.“ Weder Philipp noch ich fanden das komisch. „John hat keine Familienangehörigen. Er war der Letzte. Sein ganzes Vermögen wird also an ziemlich viele wohltätige Zwecke gehen und was dann übrig bleibt, in die Taschen des Staates fließen. Also niemand in hoher Position, der was vom Kuchen will. Also? Soll ich mit dem Anwalt einen Termin ausmachen?“ „Mach das Gespräch klar und dann gehen wir drei Morgen zu diesem Anwalt. Ich hätte euch beide gerne dabei.“ Kaum hatten wir den Saal betreten, wurde Spike auch schon belagert. Ich versuchte die ganze Zeit bei ihm zu bleiben und sah mich nach General O'Neill um. Offenbar bemühte sich dieser stets so weit von Spike entfernt zu sein wie nur irgend möglich. Als er die Halle verließ uns sich statt links zu den Toiletten, nach rechts zum Ausgang begab, wusste ich: jetzt oder nie. Ich entschuldigte mich bei den Umstehenden und eilte ihm nach, Philipp mir dicht auf den Fersen. Draußen holten wir ihn ein. Überraschenderweise hielt er auf den nahe gelegenen Wald zu und nicht zu den Parkplätzen. Er hatte die Baumgrenze schon fast erreicht als ich ihn rief. Er wandte sich mit fragendem Blick zu uns um. „Mr. Kuhn, Mr. Miller.“, sagte er und wäre mein Anliegen nicht so ernst, ich hätte über die Verenglischung von Philipps Namen geschmunzelt. „Sir, die Sorge um Spike ist berechtigt.“, sagte ich ohne Umschweife. „So? Ihre Empfehlung?“ „Psych-Eval durch einen Professionellen. Entweder Langzeitbeurlaubung und die engsten Familienangehörigen bitten sich intensiv um ihn zu kümmern, oder ASAP wieder in den Einsatz schicken. Aber das muss der Psychiater entscheiden und zwar ASAP.“, antwortete ich ernst. „Ich denke jetzt über das Wochenende können wir ihn bei Laune halten, doch ab Montag sollten sie ihn zum Psychiater Zwangsbestellen, damit er auch hingeht.“ „So machen wir's.“, stimmte er meiner Empfehlung zu und wünschte uns noch einen schönen Abend. Wir wandten uns wieder dem Gebäude zu und setzten uns in Bewegung. „Guter Mann.“, meinte Philipp. „Ich hab den Eindruck gewonnen, dass er sich wirklich um Antonio sorgt.“ Ich wollte gerade etwas erwidern, als etwas links an mir vorbei pfiff. Kurz darauf hörte ich ein leises und entferntes „Uff!“ hinter mir. Während ich herumwirbelte und zum Waldrand blickte, vernahm ich ein leichtes, weit entferntes Donnergrollen. „Oh, ein Gewitter.“, meinte Philipp. „Schlimmer!“ rief ich und rannte los. „Renn zum Wald!“ Denn dort lag der vom Sniper getroffene General. Ich hatte nur zwei Sekunden zwischen dem Pfeifen und dem Donnergrollen gehört. Also zählte ich bis vier und rief „Nach rechts!“ während ich nach links auswich. Wieder hörte ich es pfeifen. Der splitternde Einschlag im Baum zeigte mir, dass der Nachschuss mir gegolten hatte. „Scheiße!“, fluchte Philipp, der nun auch erkannte was los war und auf O'Neill zuhielt. Ich zählte bis zwei, schrie „nach rechts!“ und änderte die Richtung. Erneut ging ein Schuss daneben, doch diesmal war das kein Pfeifen, sondern ein Sirren, also nicht auf mich, sondern auf Philipp war der Schuss gerichtet gewesen. Zum Glück hatte dieser mir blind vertraut und rechtzeitig die Richtung geändert. „Rechter Arm!“, rief ich Philipp zu und nicht anhaltend erreichten wir den General und packten im Lauf jeweils einen Arm. „Rechts!“, rief ich und während wir uns erneut Richtungswechselnd umwandten, hatte ich kurz das Gefühl, als hätte mir jemand auf Hüfthöhe am Pullover gezogen. Stoff riss und ich stolperte, aber kein Schmerz war gut. Wir zerrten den stöhnenden O'Neill in den Schutz der Bäume. „Tiefer rein!“, befahl ich, weil Philipp hinter den erstbesten großen Baum in Deckung wollte. „Kugeln durchschlagen Bäume!“ „Stimmt!“, bestätigte er und ich wäre darüber überrascht gewesen, wäre die Lage nicht so ernst gewesen. Schließlich beschäftigten sich nur wenige Zivilisten in Deutschland mit derartigen Feinheiten was Waffen und ihre Fähigkeiten betraf. Wir zogen O'Neill noch gut fünfzig bis hundert Meter, ehe ich ein „Halt!“, rief und wir ihn vorsichtig ablegten. Philipp brachte ihn umgehend in die stabile Seitenlage und presste seine großen Pranken auf die Wunde. Der Schuss war glatt durch die linke Schulter gegangen. Hinten klein rein und vorne groß raus. Kein schöner Anblick und Philipp würgte, behielt aber seine Hände drauf. „Was machst du da?“, fragte er mich, weil ich durch O'Neills Taschen wühlte. „Deutsches Handy, kein lokales Netz.“, antwortete ich gehetzt und fischte sein amerikanisches Handy raus. „Brauchst du nicht! Notnummern gehen immer raus solange du irgendein netz hast!“ „911 war das hier...“ sagte ich und wollte schon wählen, da stöhnte der General hervor: „Pin: 593. Nummer: 560-1033...“ Ich tat wie gesagt und stellte auf Laut. Es klingelte nicht mal. Umgehend antwortete eine Frau: „Yes?“ „The General is shot! Med-Evac!“, rief ich und um uns wurde das Dämmerlicht des Waldes grell erleuchtet. Ich fühlte mich einen Moment warm und im nächsten desorientiert. Der Wald war weg und wir waren plötzlich in einen metallenen Raum voller Betten und medizinischem Equipment und Personal. „Shit! Das sind Zivilisten!“, rief einer, „Ich übernehme!“, ein anderer zu Philipp. Zu viert hievten sie den General auf eines der Betten und wir beide wichen zur Wand zurück um nicht im Weg zu sein. „Was zur Hölle ist grade passiert?“, fragte Philipp. „Teleportation.“, sagte ich und Philipp sah mich an. „Ach nee. Echt?“ erwiderte er sarkastisch. „Soweit war ich auch schon. Ich frag mich eher ob da nur einer um sich ballerte oder ein attentat und wir waren blos zeugen die er umlegen wollte. „Ist der Unterschied wichtig? Wir leben noch“, meinte ich so gelassen wie möglich und starrte zu den Medics, die den armen O'Neill gerade mit allerhand spritzen und Nadeln maltretierten. „Stimmt wohl...“ „Sie zwei mit mir!“, sagte ein Mann in unbekannter blauer Uniform zu uns und führte uns aus dem Raum hinaus und durch unzählige Gänge. Im ersten Moment hielt ich es noch für einen Bunker komplett aus Metall. Doch die Gänge waren eng und verwinkelt. Bei einem Bunker konnte man sich so viel Platz gönnen wie man wollte und ins Budget passte. Dann kamen wir jedoch an einen Durchgang, der eindeutig ein Schott war. „Das ist ein Schiff.“, flüsterte ich leise zu Philipp auf Deutsch. „U-Boot.“, präzisierte Philipp nickend und ich brauchte drei Sekunden, wie er darauf kam. Wir spürten keinen Seegang. Jedoch gab es ein paar Indizien, die dagegen sprachen. „Möglich.“, räumte ich ein, weil trotzdem nur wenig gegen ein U-Boot sprach. „Ruhe!“, befahl unser Führer. Kurz darauf kamen wir an unserem Ziel an, das zweifellos die Brücke des Schiffes war. „Ach du Scheiße!“, entfuhr es Philipp, dessen Blick von den Brückenfenstern gefangen war. Schiff war am Ende richtig gewesen, doch auch mein Freund hatte in gewisser weise Recht. Ich hatte schon das Vergnügen gehabt auf unterschiedlich großen Schiffen zu reisen. Daher wusste ich, dass je größer sie waren, desto weniger spürte man den Seegang. Doch selbst wenn dies hier ein Flugzeugträger war, hätte man doch zumindest etwas davon spüren müssen, oder? Selbst im Hafenbecken hätte man noch etwas gemerkt. Philipp konnte also mit seiner U-Boot Theorie also recht gehabt haben, da ich aber kein Schwanken bemerkte und wir zweifellos teleportiert worden waren, war es da so abwegig auf einem Raumschiff gelandet zu sein? Als ich mich nun durch den traumhaften Blick aus dem All hinab auf Mutter Erde bestätigt sah, fing ich mich rasch und wandte mich dem diensthabenden Kapitän zu. Mir war die Tragweite unserer Anwesenheit auf einem streng geheimen amerikanischen Raumschiff nämlich durchaus bewusst und viel drängender, als der unglaubliche Anblick. Jetzt hieß es absolute Kooperation und einen guten Ersteindruck machen. Ich nahm Haltung an und salutierte vor der blonden Frau mit recht kurzen Haaren. Sie erwiderte überrascht, aber automatisch den Gruß. „Richard Kuhn und Philipp Müller, zu Ihren Diensten, Ma'am!“ „Lieutenant Colonel Carter, United States Air Force!“ „Nicht Space Force?“, fragte ich nach bevor mir bewusst wurde, dass ich besser die Klappe halten sollte und nur sprechen sollte, wenn ich etwas gefragt wurde. Die Leute auf der Brücke schmunzelten. Manche beobachteten Philipp mit einem wissenden Lächeln, weil er seine Umgebung völlig vergessen hatte und näher an die Fenster getreten war um das Schiff und die Erde zu betrachten. Sicher war es ihnen ebenso wie ihm ergangen. „Noch nicht, wir haben erstmal nur dieses eine Schiff.“, antwortete mir Colonel Carter. Ich hoffte, dass ich ohnehin blasser Kerl jetzt nicht so blass wurde, dass man mich mit einer wandelnden Leiche verwechselte. Dass sie mir diese Information so einfach sagte, musste bedeuten, dass sie sich genau wie ich bewusst war, dass es nun kein Zurück mehr gab. Die Frage war nun nur noch, wie die Amerikaner dieses Geheimnis schützen würden. Im besten Fall würden Philipp und ich nach dem unterschreiben von Erklärungen zur Verschwiegenheit und einer Überwachung durch die CIA bis an unser Lebensende davonkommen. Mit etwas Pech ging es unter einem Vorwand ins Gefängnis. Und mit ganz viel Pech waren das die letzten Stunden unseres Lebens. Carter wurde ernst. „Ich weiß, dies alles muss für Sie verwirrend sein Mr. Kuhn, doch wenn sie mir bitte schildern könnten was genau vorgefallen ist?“ „Ein Scharfschütze hat auf den General geschossen, unmittelbar bevor dieser die Baumgrenze erreichte. Der Schuss kam aus ungefähr 700 Meter Entfernung, höchstwahrscheinlich aus westlicher Richtung, von den nahegelegenen Hügeln.“ „Sind sie sicher?“ „70%, Ma'am.“ „Wie schlimm wurde der General verletzt?“ „Durchschuss, linke Schulter, hohes Kaliber... 308 oder 50.“, meldete ich knapp. „Militärischer Hintergrund?“, fragte sie mich. „Bester Sniper als Freund.“, erwiderte ich. „Ich nehme an Sie wissen auf wessen Trauerfeier wir drei waren, als wir beschossen wurden?“ Auch Carter wirkte betroffen. „John war ein guter Freund. Ich war zur Beisetzung und irgendwer muss hier ja die Stellung halten während General Hammond Und Colonel Pendergast zur Trauerfeier geladen sind.“ „Ich verstehe.“, sagte ich und fügte weitere Puzzleteile zusammen. Nun ergaben manche Bemerkungen Johns in den letzten zwei bis drei Jahren einen ganz neuen Sinn, wenn wir uns bezüglich Null-G und Weltraum und Sternenreisen unterhielten. Das erklärte auch warum John schon seit Jahren der Frage auswich, was er in letzter Zeit machte, wo er stationiert war und warum er so schwer zu erreichen war. Er musste dieser Einheit angehören. Wenn das Schiff sich von der Erde entfernte, war er natürlich nicht zu erreichen. „Was geschieht jetzt mit uns, Colonel?“, fragte ich und versuchte nicht besorgt zu klingen. „Die Entscheidung liegt nicht bei mir, Mr. Kuhn. Sie beide erhalten ein Quartier an Bord, bis wir wissen wie es weiter geht. Lieutenant Winters? Er wird Ihnen Ihr Quartier zeigen und zur Verfügung stehen, sollten Sie Fragen haben, die nicht der Geheimhaltung unterliegen.“ Ich nickte und wandte mich dem Mann zu, der uns hergebracht hatte. „Philipp!“, rief ich, da er immer noch gebannt nach draußen starrte. „Hm?“, brummte er und sah über seine Schulter. Ihm wurde mit einem Schlag bewusst wo er war. „Fuß!“, befahl ich grinsend und winkte ihm näher zu kommen. Manche kicherten leise als er mit den Augen rollte und mit einem leicht verunglückten Lächeln folgte. Leicht überrascht war ich, dass man uns zusammen unterbrachte. Ein Zweistock Bett, zwei Spinde und ein Schreibtisch, sowie ein sehr enges Badezimmer mit Klo und Dusche, mehr nicht. Letzteres war wirklich überraschend. Auf einem Raumschiff hatte ich Zentralduschen und WCs erwartet, denn Wasser war selbstverständlich nur begrenzt verfügbar wie Platz im allgemeinen. Philipp nutzte sofort die Gelegenheit sich General O'Neills Blut von den Händen zu Waschen. Dabei bekam er seinen Breakdown. Meiner kam, als ich zeitgleich meinen Pullover glatt streifen wollte und bemerkte, dass ich in gewisser Weise doch getroffen worden war. Glücklicherweise war ich ein wandelnder Meter 60 und besaß Speckröllchen, weshalb ich Kleidung trug, die für Männer zwei Köpfe größer gedacht waren. Dementsprechend lose und Faltenreich hing der Pullover an mir herab, Durch genau so eine Falte musste eine der Kugeln gegangen sein. Ich war nicht verletzt, doch der Stoff war zu einem gut fünf Zentimeter langen Loch zerrissen. Offenbar hatte eine Falte so drüber gelegen, dass es keiner bemerkt hatte. Nun saß ich hier mit zitternden Händen und versuchte irgendwie zu verarbeiten, das auf mich geschossen und nur knapp verfehlt worden war. Das Philipp sich nach einer Weile beruhigt hatte und über die letzte Stunde reden wollte, half etwas. Zwar musste ich mich immer noch mit dem Thema Schüsse auf uns befassen, doch dass Philipp mich brauchte um das erlebte zu verstehen und zu verarbeiten, half mir sehr. Ich konnte mich darauf konzentrieren ihm zu helfen und musste mich so nicht mit mir selbst befassen. Ihm half es über das Schiff zu sprechen, auf dem wir uns befanden und über deren Fähigkeiten zu spekulieren. Immerhin hatten wir hier Teleporter, künstlicher Schwerkraft und weiß noch was alles. Spekulieren machte Spaß und lenkte uns ab. Nach einer Weile waren wir entspannt genug um uns Gedanken zu machen was nun geschehen würde, ohne in Panik auszubrechen. Doch schon kurz darauf merkten wir, wie Müde wir waren. Ich meine nicht nur den Jetlag, sondern auch die geistige und physische Erschöpfung durch die Ereignisse verlangten ihren Tribut. Ich entschied oben zu schlafen. Philipp war das recht und ich beneidete ihn das er so ziemlich eingeschlafen war, kaum dass er sich hingelegt hatte. Denn selbst an normalen Tagen brauchte ich einige Minuten um einzuschlafen. An ereignisreichen Tagen konnte es trotz erheblicher Müdigkeit noch rund eine Stunde dauern, bis mein Verstand mich schlafen lies. Und so lag ich noch eine gefühlte Ewigkeit wach und schmiedete Pläne für alle Möglichkeiten die mir einfielen, was uns morgen erwarten könnte. Dann fand auch mich irgendwann der Schlaf.